Mit dieser kurzen Einführung möchten wir Ihnen eine Hilfestellung geben, um Ihre Beschwerden rund um das Ohr besser einzuordnen und den Therapieansatz zu verstehen.
Kiefergelenk und Tinnitus – embryonale Zusammenhänge verstehen
Unsere Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss, Steigbügel) waren nicht von Anfang an Teil unseres Mittelohres. In den ersten drei Schwangerschaftsmonaten bildeten sie unser Kiefergelenk. Erst danach wanderten sie in das Ohr und dienen seither der Schallübertragung. Aus dem Knorpelkiefer des Embryos bildete sich ein Band, das heute den Hammer des Mittelohres mit unserem Kiefer verbindet.
Der Kiefer als Gegengewicht
Ist der Kiefer entspannt, werden die Knöchelchen über das Band in der Schwebe gehalten und können schwingen. Durch angespannte Kiefermuskeln wird der Kiefer jedoch ständig oben gehalten, es verschieben sich die Knöchelchen in Richtung Innenohr. Das Kiefergelenk wandert nach oben hinten, durch Stauchung kann dort ein Schmerz entstehen, der auch Kopfschmerzen begünstigt.
Pressen und Tinnitus
Stress ist der am häufigsten beschriebene Faktor für die Entstehung von Tinnitus. Das Gehirn baut nachts durch muskuläre Anspannung der Kaumuskulatur Stressreize des Tages ab. Diese Zeiten des Pressens und Knirschens (Parafunktion) liegen hauptsächlich zwischen drei und fünf Uhr morgens.
Craniomandibuläre Dysfunktion
Dieser Vorgang hat es allerdings in sich, denn die Kiefermuskulatur ist stark und damit die auf Kiefer und Gebiss wirkenden Kräfte sehr groß. Sie können einem Gewicht von mehr als 400 kg entsprechen. Das lässt unsere Muskulatur verspannt zurück, mit Folgen für das Kiefergelenk und auch die Funktion des Ohres.
Ohrdruck und Lymphe
Es entsteht ein erhöhter Druck des Steigbügels auf die Lymphflüssigkeit. In der Schnecke und im Gleichgewichtsorgan verschiebt sich die Endolymphe, deren Volumenverschiebung führt zu Membranverbiegung, diese zur Scherung der feinen Sinneshärchen (Stereocilien). Es kann je nach Zelltyp zu Tinnitus, Schwindel, Hyperakusis oder Schwerhörigkeit kommen.
15 Jahre praktische Erfahrung
Durch die Behandlung von mehr als 3.000 Patientinnen und Patienten und durch die Beobachtungen im Rahmen einer Doktorarbeit und klinischen Studie wurden die entscheidenden anatomischen Zusammenhänge erkennbar: Es ist möglich, die im Innenohr verschobene Lymphflüssigkeit, die für den Ton wesentlich verantwortlich ist, wieder an ihren Platz zurückzubringen.
Schmerzfreier Test
Das geschieht durch den schmerzfreien Manuellen Tinnitus-Test (MTT). Die Mehrzahl der Tinnitustöne kann auf diese Weise verändert werden, unabhängig von der Dauer des Bestehens des Tones. Der MTT steht am Anfang der Behandlung und gibt Auskunft über die Prognose. Zeigt er Wirkung, besteht eine gute Chance zur dauerhaften Reduzierung des Tinnitus.
Ziel: Der schwebende Kiefer
Es gilt, Kiefer und Muskulatur neu wahrzunehmen und tagsüber zu entspannen, denn Zahnkontakt ist während des Tages ein seltenes Ereignis: Bei einem gesunden Menschen berühren sich die Zähne tagsüber nur beim Essen und Schlucken.
Durch unterstützende Übungen, die wir Ihnen in unserer Praxis zeigen, wird das Schweben immer besser gelingen.
Mit einer Aufbissschiene (Dekompressionsschiene) werden Gelenke und Muskulatur in der Nacht gezielt entlastet.
Physiotherapie und manualtherapeutische Anwendungen sind hilfreich für die Koordination und die Statik des ganzen Körpers.
Tinnitus – Leiden und Chance
Ein erster Schritt ist die Entspannung des Kiefers, da er das Tor zum Ohr ist. Die Entspannung muss aber den ganzen Menschen erfassen. Der Tinnitus erweist sich dabei nicht nur als garstiger Störenfried, sondern auch als Hinweis auf verborgene seelische Zusammenhänge. Wird die Biomechanik des Körpers verbessert und werden die Signale der Seele verstanden, bestehen gute Chancen, dass der Tinnitus reduziert wird oder ganz verschwindet. Die Stille kann zurückerobert werden!